Affe im Kopf

Das Außenseiter*innendasein ist in der Popkultur seit es mediale Besprechungsformen gibt, etwas Heroisches: Die echten Held*innen, die einfach nur zu clever für diese Welt sind. Material zum Identifizieren. Dass ein solches Bestehen in dieser Welt fernab von lässiger Egalität ist und häufig mit innerer Deflation einhergeht, wird zugunsten der Romantisierung ausgeblendet.

Als The Bobby Lees 2018 mit „Beauty Pageant“ ihr selbstveröffentliches DIY-Album in die Welt warfen, blieb diese Attributierung in den in höchsten Tönen besprochenen Tönen der Band nicht aus. Begeistert war nicht nur Jon Spencer – der das folgende Album „Skin Suit“ produzieren sollte. Diese vier Musiker*innen aus Woodstock, New York, sind voller jugendlicher Energie, Punkepos und frischer Rock’n’Roll-Prahlerei. Davon gibt es einige Bands. Nur, dass The Bobby Lees eben wirklich guten schmuddeligen Garagenrock machen. Das Album „Bellevue“ wurde in den Nashville Sputnik Sounds Studios aufgenommen und die Band hatte drei Wochen Zeit gehabt. Viel Zeit, sich auszuprobieren und als Gruppe weiterzuwachsen. Und: Sie zeigen sich verletzlicher.

„Strange Days“ etwa ist deutlich ruhiger, aber nicht weniger komplex, ehrlich, hart. Während Sam Quartins Stimme einer Psychose gleicht, mischen sich Bass (Kendall Wind), Schlagzeug (Macky Bowman) und Gitarren (Nick Casa, Quartin) unvorhersehbar mit einem bluesigen Klavier. In „Little Table“ ist es die Orgel und der Kontrabass, Quartins hingegen flüsternd-dunkel und zuckersüss-flötend. Davon hätte es noch mehr geben können. Dass ihr Sound wie gewohnt wie eine Wucht ins tiefste Mark durchdringen kann und minimal davon entfernt ist Kontrolle zu raten, entfaltet sich bei „Monkey Mind“. Wer kennt ihn nicht, den Homer Simpsons Cymbal Monkey: Ting-Ting-Ting klopfen die Gedanken manisch an die Schädeldecke. Dabei ist ihre Musik eine, die vor allem aus dem Bauch entsteht. Nichts Verkopftes.

Die 13 Titel sind eine Veranschaulichung ihrer scharfsinnigen Existenz als Außenseiter*innen, die einzigartige und seltsame Musik machen.

Jungle World, Dschungel, 03.11.2022

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